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Fahrradtour 2008 - 2013
Erste Etappe Schweiz - Thailand
Teil 2: Ungarn und Ukraina, Mai 2008
Nach 14 Tagen ununterbrochenem Rad fahren entlang der Donau gönne ich mir eine Pause in Hatvan, rund 50km östlich von Budapest ...
Bild: Pausentag in einer Pension von Hatvan
... und fahre gestärkt weiter durch die Weiten der Grossen Ungarischen Tiefebene, der Puszta (wörtlich: Ödnis), die heute vornehmlich für die Agrarwirtschaft genutzt wird.
Bild: Ursprüngliche Sumpflandschaft der Puszta im Hortobágy Nationalpark
Bild: Pause am einem schattigen Plätzchen, kurz vor der ukrainischen Grenze.
Beim Grenzübertritt in die Ukraine wird die Ostgrenze der EU deutlich sichtbar. In nur wenigen Kilometern verändert sich die wirtschaftliche Lage der Leute erheblich zum Schlechteren. Erste Eindrücke offenbaren ein heruntergewirtschaftetes Land mit grossen Unterschieden zwischen Arm und Reich. Wenige schwelgen im Reichtum, viele bestreiten ihr Dasein mit einem kleinen Stück Land und ein paar Nutztieren.
Bild: Wegweiser nach Khust (36km) und Rakhiv (137km). Mit einem kryillischen Alphabet als Orientierungshilfe ist das Entziffern von Wegweisern relativ einfach, schwieriger ist es Zimmer oder Geschäfte zu finden. Kommunikation mit Einheimischen ist beschränkt auf Gesten - es sein denn man spräche Unkrainisch oder Russisch (immerhin kann ich schon 2 Worte Russisch: "Borschtsch" und "Kasatschok" - was allerdings nicht viel weiterhilft...).
Der Weg führte weiter durch den Oblast Transkarpatien nach Rakhiv, wo sich der offizielle Mittelpunkt Europas befinden soll (eine Stele aus dem Jahr 1887 bezeugt dies). Nach den Tagen in der ungarischen Puszta ist es zur Abwechslung angenehm wieder einmal durch Berge zu fahren, die mich mit ihren Wäldern an das heimatliche Juragebirge erinnern.
Bild: Kurz vor Rakhiv an der Theiss
Um weiter in die Ukraine hinein zu gelangen, muss ich die Karpaten überqueren und fahre dabei durch ein Biospährenreservat, das den grössten Rotbuchen-Urwald Europas umschliesst. Nachmittags ergiessen sich in aller Regel kräftige Regengüsse über die Landschaft, die rauschende Bäche entstehen lassen.
Bild: Rauschender Bach im Rotbuchen-Urwald des Biospährenreservats Karpaten
Bild: Bazar in Yasima, Karpaten
Fast jede grössere Ortschaft hat ein patriotisches Arbeiter- und/oder Kriegsdenkmal aus Soviet-Zeiten. Aber die geehrten Kriegshelden sind längst tot und die kommunistischen "Helden der Arbeit" in aller Regel arbeitslos.
Bild: Kriegerdenkmal (mit Kalaschnikov) in Yaremcha, Karpaten
Fast jeden Tag fahre ich an irgendwelchen Industrieruinen vorbei. Funktionierende Industrie habe ich in der ganzen Ukraine kaum gesehen.
Bild: Industrieanlagen aus Soviet-Zeiten sind heute nur noch marode Ruinen.
Mein Weg führte mich weiter nach Czernowitz und entlang der moldawiaschen Grenze in Richtung Odessa. Entsprechend der Landschaft führte die Strasse nur noch rauf und unter, was bis abends in aller Regel in mehr als 1000 erklommenen Höhenmetern und müden Beinen resultierte.
Bild: Durch die ukrainische Hügellandschaft (nach Czernowitz), rauf und runter, rauf und runter. Der Boden wird landwirtschaftlich intensiv genutzt.
Bild: Die Nachtruhe unter dem Kirschbaum war wohlverdient (in der Nähe vom Sokyriany an der moldawischen Grenze). Der Platz wäre geradezu paradiesisch gewesen, hätte nicht am frühen Morgen ein Schwarm unflätiger Vögel das halbe Zelt verschissen!
Bild: Ein Blick zurück in das Tal der Dnister. Links vom Fluss ist Moldawien, rechts die Ukraine. Im Hintergrund ist die Ortschaft Mohyliv-Podilsky zu sehen.
In den meisten Ortschaften stehen noch immer Lenin-Denkmäler. Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin, war der führende Kopf der russischen Oktoberrevolution von 1917. Er errichtete in den folgenden 7 Jahren den ersten Arbeiter-und-Bauern-Staat ("Diktatur des Proletariats") und setzte zur Umsetzung seiner Ideologie das Mittel des "Roten Terros" ein. Oppositionelle und Angehörige der sogenannten Bourgeoisie wurden auf der Stelle erschossen oder in Konzentrationslagern "isoliert". Seine von Ideologie und Gewalt geleitete Politik kostete Millionen Menschen das Leben.
Bild: "Genosse" Lenin, dessen barbarischer Politik Millionen Menschen zum Opfer fielen.
Die Qualität der ukrainischen Strassen ist zuweilen dermassen schlecht, dass es sich durchaus lohnt neben der eigentlichen Strasse zu fahren. Selbst Autos und Lastwagen fahren wenn möglich gewisse Strecken quer durch die Wiese.
Bild: Ukrainische Hauptstrasse (übles Kopfsteinpflaster mit riesigen Schlaglöchern)
Bild: Alles klar wohin es geht? Noch 73km bis Mykolaiv und zum Schwarzen Meer.
Nach etwas mehr als 2700km bin ich in Mykolaiv und somit am Schwarzen Meer angekommen, fahre in den nächsten Tagen noch weiter auf die Krim, wo ich mir an einem Strand ein paar Tage Erholung von den Strapatzen der ersten Etappe dieser Radtour gönne. Inzwischen hat der Körper auch die erforderliche Fitness entwickelt, um die nächste Etappe, die Kasachische Steppe, diesbezüglich sorglos angehen zu können.
Bild: Blick aus dem Hotelfenster in Myklolaiv. Im Parterre ist eine Pizzeria untergebracht, was die kargen Tage in der ukrainischen Provinz weitgehend wieder wettmacht, die ich auf Grund fehlender Restaurants (und zum Kochen war ich zu faul) mithilfe von Brot, Käse, Bananen und Snickers durchquerte.
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